Frage
ich habe einen jungen Klienten, 17 Jahre.
Er war 4 Jahre alt beim Autounfall, seine Mutter war sofort gestorben und er war unverletzt.
Bis vor ein paar Monaten, hatte er keine Erinnerung, es ging ihm sehr gut bis. Nun hat er manchmal Alpträume vom Unfall und Angst beim Autofahren.
Er denkt er hat seit diesem Jahr mehr Schulstress, so dass es zu dieser Veränderung gekommen ist.
Ich habe nun heute mit ihm zunächst einen sicheren Ort "gebaut" und eine "Körpergrenzen-Übung " von Peter Levine angeleitet (Körperwahrnehmübung, Körperteile spüren und wahrnemen, das ist meine Hand, meine Hand gehört zu mir, sie ist ein Teil meines Körpers...), die ich ihm mit nach Hause gegeben habe. Beides hat ihm gut gefallen und hat ihn entspannt und so eine Art Glück ausgelöst.
Ich habe ihm erklärt, dass großer Stress oft im Körper stecken bleibt und es dann zu Unsicherheiten führt.
Ich würde dann in der nächsten Sitzung direkt an die Situation im Auto oder Alptraum gehen, um mit ihm zu entdecken, was ihm Angst macht und wie dort etwas Neues wachsen kann.
Das ist sein Wunsch und ich habe heute diesen Umweg genommen über "Entspannung" und sicheren Ort, obwohl ich gar keine Unruhe gesehen/gespürt habe, nur vermutet und ich bin jetzt froh, dass ich das so gemacht habe.
Er stellt im Prinzip keine Fragen. Würdest du trotzdem erklären was im Gehirn bei einem Trauma passiert?
Gibt es in so einem Fall weiteres zu beachten?
Herzliche Grüße
Antwort
Liebe Fragestellerin,
Vielen Dank für deine Frage!
Wie schön dass du zuerst an die Sicherheit gedacht hast. Das war offenbar genau das Richtige. Im Umgang mit bedrängenden Erinnerungen stehen die sogenannten Bewältigungsfragen Vordergrund. Das gilt auch für die Besprechung von sogenannten Alp-Träumen. Darüber hinaus würde ich sagen wollen, dass wir die Vergegenständlichung von inneren Aktivitäten nur bewusst und gezielt verwenden wollen. Du sprichst vom Stress der im Körper stecken bleibt, ich würde überlegen und versuchen, diese Dinge alle in Ich-möchte-Sprache zu fassen. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich, hier sehr achtsam zu sein.Gerade wenn etwas mit im Spiel ist, was die Klienten z.b. Angst nennen.
“Das was Angst macht entdecken”. Hmmm, Lösungsfokus, Lösungsfokus, Lösungsfokus. Wie würdest Du gern, wie möchtest Du, wie wäre es gut, was war in Richtung gut, was hast Du evtl. beigetragen …?!? Das ist immer die Richtung unserer Fragen. Alles was wichtig ist, wird dabei automatisch zur Sprache kommen. Immer vorsichtig und behutsam, sicher ist sicher. (Entdecken wollen ist eher nicht Teil von Lösungsfokus, wohl aber klar sehen und fühlen, was ich möchte und wie.)Dass der Klient vorschlägt, in der einen oder anderen Weise an die Sache heranzugehen, ist interessant und es ist sicher auch gut zu wissen, was er selbst für Vorstellungen hat, wie Er vielleicht zu einer Lösung kommen kann. In diesem aktuellen Setting wäre ich sehr vorsichtig, würde versuchen mit ihm darüber zu sprechen, was ist mit dieser Idee auf sich hat, wie er darauf kommt, und so weiter. Wenn du schreibst, dass du froh bist, diesen Umweg genommen zu haben, dann unterstreicht das, dass du hier nur deinem eigenen Gefühl folgen kannst. Ich würde dabei bleiben. Erklärungen können nützlich sein, weil sie Orientierung geben und dadurch zur allgemeinen
Sicherheit beitragen können. Sie sind besser in sehr offener und vermutender Sprache vorgetragen, damit wir nicht vergessen, das es sich dabei um ein vorläufiges Wissen handelt, dass wir jederzeit durch passendere Ansichten und Einsichten ersetzen können wollen.
Was ist weiter zu beachten, du hast das schon gemerkt, langsamer geht schneller, nicht vergessen, dass wir uns nicht auskennen, und dementsprechend vorsichtig und hinter dem Klienten bleiben.
Nochmals vielen Dank für deine Frage und viel Glück für euch beide.
Herzliche Grüße,
Christoph